Tanzen ist unser Leben

balettschule

Interview mit den Zwillingstänzern Giuseppe und Michele De Filippis, die in Groß-Umstadt eine Ballettschule leiten.

Wie seid Ihr mit dem Tanz in Berührung gekommen?

Es war im Grunde eine Spielerei, mit acht Jahren. Unsere Cousine hatte sich bereits beim Ballettunterricht in einer kleinen Tanzschule in unserer Heimatstadt in Süditalien angemeldet. Wir besuchten sie dort einmal aus Neugier – und es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick.

Euch hat also sofort das Tanzfieber gepackt?

Ja, wir haben sofort mitgemacht. Die Lehrerin spürte unsere Leidenschaft auch sofort. Unseren Eltern haben wir zunächst nichts davon verraten, alles war heimlich.

Wie ging es dann weiter?

Dieses neue Hobby machte uns sehr glücklich. Daher dauerte es nicht lange, bis uns klar wurde, dass wir aus dieser Freizeitbeschäftigung später einmal einen Beruf machen würden. Unsere Eltern nahmen es lange nicht sehr ernst. Als wir dann mit 17 Jahren die Schule beendeten und zu Hause sagten, dass wir dabei waren, uns an einer Tanzakademie anzumelden, begann eine große Diskussion.

Ihr habt Euch in dieser Diskussion durchgesetzt? Wie seid Ihr nach Deutschland gekommen?

Klar, wir waren ja zu zweit. Wir haben uns alles erkämpft. Gegen den Willen unserer Familie und zunächst ohne ihre Unterstützung besuchten wir eine staatliche Tanzakademie in Mantua. Später wechselten wir zu einer Tanzschule in Rom. Einmal besuchten wir eine Tanzaufführung der Kompanie von Pina Bausch. Sie war damals die Direktorin der Folkwanguniversität in Essen, eine der berühmtesten Ausbildungsstätten für Tänzer in ganz Europa. Wir waren von der Show wie verzaubert. Es gab fortan nur noch den Wunsch, an dieser Universität zu studieren. Unsere Bewerbung war zum Glück erfolgreich.

Was waren die wichtigsten Erfahrungen in Eurer Karriere?

Wir hatten sehr viele prägende Momente, kleine und große. Mit Charleroi Dance in Brüssel und verschiedenen Ensembles in Italien, Südamerika – und dann besonders eine große, zweijährige Tournee von Deutschland aus über die meisten Länder Europas. Es war eine tolle Zeit! Danach arbeiteten wir zwei Jahre in Frankfurt und waren anschließend 5 Jahre lang am Staatstheater Darmstadt als Solisten engagiert. Dort begannen wir erstmals, eigene Choreografien zu entwickeln. Und als Choreografen und Tänzer arbeiten wir heute noch.

Warum mit 44 Jahren dann eine Ballettschule in Groß-Umstadt?

Es ist genau die richtige Zeit dafür. Wir glauben, dass man selbst sehr viele Erfahrungen und Erlebnisse sammeln sollte, bevor man damit beginnen kann, diese Kunst erfolgreich zu vermitteln. Tanz ist kein einfacher Zeitvertreib. Es ist vielmehr eine Philosophie, eine eigene Sprache. Deswegen reicht es nicht aus, ein paar Bewegungen zu lernen und sie seinen Schülern zu zeigen. Diese Bewegungen müssen leben, sie müssen einen Sinn haben. Nur so wird Tanz zu einer Sprache. Und jeder weiß, dass man eine Sprache gut können muss, um etwas zu erzählen.

Was bietet Ihr in Eurer Schule an?

Bei uns können Kinder mit fünfeinhalb Jahren beginnen, nach oben gibt es keine Grenze. Es gibt Ballett für Anfänger und Fortgeschrittene, und natürlich auch Modern Dance in allen Schwierigkeitsgraden. Wir geben auch Workshops für Ballettlehrer.

Was ist Ihre Botschaft an die Jugend?

Heute wird Tanz oft mit Sport verwechselt. Allerdings ist sein tieferer Sinn, etwas auszudrücken, zu kommunizieren – nicht einfach Andere mit Akrobatik oder lasziven Bewegungen zu beeindrucken. Wer sich richtig intensiv mit Ballett beschäftigt, entdeckt irgendwann die vielen Emotionen, die bei professionellem Tanz durch den Raum strömen. Dann wird daraus etwas viel Größeres. Allerdings ist es manchmal harte Arbeit, das dem Nachwuchs zu vermitteln. Aber wir sind immer bereit, hart dafür zu arbeiten, dass auch die nachfolgenden Generationen die gleiche Leidenschaft im Tanz entdecken wie wir. So ähnlich, wie wir damals für uns kämpften, tun wir das jetzt für Andere. Die Zwillinge De Filippis gastieren das nächste Mal im Pfälzer Schloss in Groß-Umstadt am 14. Juni um 20.00 Uhr mit der Uraufführung von „Moving Drops“.

Texte und Fotos: De Filippis