Berufsbild Steckbrief
Lothar Stahl und Karlheinz Bales stellen sich und ihre Berufe vor
In dieser Rubrik „Berufsbild Steckbrief“ stellen wir in jeder Ausgabe Personen und deren Berufe vor. Diesmal möchten wir Lothar Stahl, gelernter Groß- und Außenhandelskaufman, und den Goldschmied Karlheinz Bahles zu Wort kommen lassen. Die Interviews führte Martina Emmerich.
Lothar Stahl, Fa. Stahl Büroausstattung
Wie lautet Ihr aktueller Beruf und wie lange sind Sie schon in diesem Beruf tätig?
Büroausstatter, Berater, Planer – ich habe vor 26 Jahren zusammen mit meiner Ehefrau Sigrid Stahl die Firma Stahl Büro- und Objekteinrichtung in Groß-Umstadt gegründet. Diese firmiert seit dem 10.11.2009 als Stahl Buero GmbH und ist mittlerweile bundesweit tätig.
Wie sah dafür Ihr schulischer / beruflicher Werdegang aus?
Ich habe verschiedene Schulen in Frankfurt/Main und in Biberach an der Riss besucht und eine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann (Branche Baustoffgroßhandel) absolviert. Am Abendstudium an der Uni in Frankfurt/Main und über Betriebswirtschaftsakademie des Gabler Verlages habe ich meinen Diplom-Abschluss als geprüfter Betriebswirt (BWA) erhalten. Darüber hinaus besuchte ich weitere Lehrgänge, Seminare und Verkaufsschulungen im Bereich Investitionsgüter bei Olivetti Frankfurt und Rotaprint Wiesbaden sowie einige Führungsseminare.
Ich habe lange Jahre im Vertrieb, im Innen- und Außendienst gearbeitet und Schreib- und Rechenmaschinen sowie Offsetmaschinen verkauft. Dafür habe ich zudem eine Ausbildung in grafischer Gestaltung, Reproerstellung und Offsetdruck absolviert. Bei einem Unternehmen in Darmstadt für Bürozubehör übernahm ich die Verkaufsleitung und baute eine eigene Büromöbelabteilung mit Planung, Vertrieb und Kundendienst auf. 1981 übernahm ich die Verkaufsleitung eines Einrichtungsunternehmens in Aschaffenburg, zwei Jahre später dann die Verkaufsleitung eines Vollsortimenters (Büromaterial, -maschinen und -möbel) im südhessischen Raum mit bundesweiten Niederlassungen. Hier war ich für die Vertriebssteuerung mit strategischer Konzepterstellung und Werbemaßnahmen, Bündelung von Aktivitäten sowie Produkt- und Sortimentsentscheidungen zuständig.
Welche Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Karrierechancen ergeben sich mit diesem Beruf?
Als Kaufmann hat man alle Chancen durch gezielte Weiterbildung, unermüdlichen Fleiß sowie Durchhaltewillen.
Was hat Sie dazu bewogen, diesen Beruf zu ergreifen?
Ich wäre gerne Innenarchitekt geworden, jedoch musste ich aus der Not eine Tugend machen. Wenn das Elternhaus nicht daran interessiert ist, die Ausbildung des Kindes weiter zu finanzieren,
oder es nicht kann, musst du relativ schnell einen Beruf ergreifen. Also habe ich mich für eine kaufmännische Lehre entschieden. Im ersten Lehrjahr gab es monatlich 65 DM, von denen ich 50 DM zu Hause abgeben musste. Ich will das nicht mit heutigen Verhältnissen vergleichen. Schon damals hatte ich mir durch das Veröffentlichen von Kurzgeschichten zusätzlich Geld verdient.
Haben sich Ihre Erwartungen an den Beruf erfüllt oder nicht und warum?
Die Erwartungen haben sich grundsätzlich erfüllt und ich habe mehr erreicht, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich darf meinen Wunsch, Lebensraum zu gestalten, in allen gewerblichen Bereichen ausüben und konnte meine Fähigkeiten (das blitzartige Erfassen von räumlichen Strukturen und deren proportionale und ergonomische Einrichtung) in die Tat umsetzen. Ich gestalte Lebensraum und kann durch meine Tätigkeit zum Erhalt der Gesundheit unserer Kunden beitragen.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf / was gefällt Ihnen nicht?
Mir gefallen der Umgang mit Menschen und die Möglichkeit, mit meinem Wissen langfristige, unternehmerische und strategische Entscheidungen beeinflussen zu können. Mir gefällt nicht, dass echte Leistung, u. a. auch die Erfahrung und das Wissen in unserer Branche, immer weniger honoriert werden.
Gibt es in Ihrem Berufsleben Situationen, die sich als besonders schwierig herausstellten oder die Sie seelisch oder körperlich besonders belastet haben?
Viel Arbeit hat mich noch nie belastet. Schwierig waren schon immer Situationen, die sich im Bereich Personal, also Mitarbeiter, ergeben haben. Im kleineren und mittleren Betrieb ist die Nähe zum Personal schön und motivierend, kann aber bei auftretenden Problemen zu einer großen Belastung werden. Hier hat mich die eine oder andere Situation schon sehr stark belastet und auch nervlich in Mitleidenschaft gezogen.
Hat sich das Berufsbild während Ihres Arbeitsleben verändert und wenn ja wie?
Natürlich hat sich die Welt und damit auch das Berufsleben und die Berufsbilder stark verändert. Jede Zeit hat ihre Höhen und Tiefen. Ohne EDV geht nichts und auch ich muss, um eine gewisse Vorbildfunktion halten zu können, mich diesen Herausforderungen stellen. Das bedeutet lebenslanges Lernen, Lernen, Lernen.
Welchen Eindruck haben Sie vom Ansehen Ihres Berufes in der Gesellschaft?
Er genießt hohes Ansehen.
Wie sieht für Sie ein typischer Arbeitsalltag aus?
Morgens geht es in die Firma, dort gilt es, Gespräche mit den Mitarbeitern und Telefonate mit den Kunden zu führen. Anschließend folgen eventuell Termine vor Ort. Hierbei geht es um Aufmaß, Beratung, Planung und letztendlich individuelle Lösungsvorschläge, die zu den Gegebenheiten und den Bedürfnissen des Kunden passen. Ebenso wichtig ist neben der eigentlichen Arbeit das „Netzwerken“ sowie für mich vielseitiges ehrenamtliches Engagement, wovon ich gerne einen Teil nennen möchte: Ich war zehn Jahre Mitglied des Prüfungsausschusses und zuvor mehrere Jahre im Handelsausschuss der IHK Darmstadt. Darüber hinaus bin ich Mitglied der Vertreterversammlung der Volksbank Odenwald und seit über 40 Jahren erster Vorsitzender des Schachclubs Groß-Umstadt. In der Vergangenheit engagierte ich mich zudem als zweiter Vorsitzender des Fremdenverkehrsvereins Groß-Umstadt und als Mitglied des Lions-Clubs Reinheim/Groß-Bieberau.
Schildern Sie uns bitte ein besonderes Erlebnis aus Ihrem Berufsleben!
Da gibt es im Laufe meines bisherigen Berufslebens einige. Ich werde beispielsweise nie ein faszinierendes Großprojekt in Hamburg vergessen, bei dem ich 14 Tage lang in Hamburg ein Großbüro eines Gebäudes im fünften und sechsten Stock gegenüber des „Michels“ einrichten sollte. Wir hatten gerade angefangen, als der erste von zwei Aufzügen im Gebäude den Geist aufgab. Eine Stunde später passierte das Gleiche mit dem zweiten. Auf der Straße warteten zig LKWs, die ausgeladen werden sollten, sowie 20 Monteure. So musste ich in kürzester Zeit in einer fremden Stadt zwei Außenaufzüge organisieren, die eine Höhe von 30 Meter bedienen konnten. Zusätzlich musste ich noch einige Schauerleute anheuern, damit wir das Projekt fristgerecht abschließen konnte. Ich bin gerade dabei all solche Erlebnisse und Anekdoten in meinen Memoiren aufzuschreiben.
Karlheinz Bales, Goldschmied
Wie lautet Ihr aktueller Beruf und wie lange sind Sie schon in diesem Beruf tätig?
1968 habe ich meine Lehre in der Goldschmiede der „Schön Lohstätter Marienbrüder“ in meinem Geburtsort Vallendar am Rhein begonnen und arbeite schon über 50 Jahre als Goldschmied.
Wie sah dafür Ihr schulischer / beruflicher Werdegang aus?
Der Bruder eines Klassenkameraden hatte mein Interesse an dem Beruf Goldschmied geweckt. So kam es, dass ich während meiner Schulzeit ab und zu in der Goldschmiede vorbei schaute und dort verschiedene Arbeitsschritte, wie feilen und sägen ausprobieren durfte. Nach meinem guten Hauptschulabschluss absolvierte ich dann, wie bereits erwähnt, meine Lehre zum Goldschmied.
Für diesen kunsthandwerklichen Beruf ist auch heute noch ein guter Haupt- oder Realschulabschluss ausreichend, neben guten Schulnoten ist handwerkliches Geschick wichtig. Empfehlenswert ist zudem, vor Ausbildungsbeginn ein Praktikum zu absolvieren. Dabei merkt man schnell, ob einem dieser Beruf liegt.
Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre und schließt mit einer Gesellenprüfung ab, zu der man, eine theoretische Prüfung ablegt sowie ein Schmuckstück entwerfen und nach besonderen Kriterien anfertigen muss. Heute absolvieren viele Lehrlinge ihre Ausbildung in einer Fachschule, z. B. In der Zeichenakademie in Hanau. 1983 habe ich in Frankfurt/Main meine Meisterprüfung abgelegt und anschließend in verschiedenen Werkstätten berufliche Erfahrungen gesammelt bzw. vertieft. Durch meine Frau bin ich nach Hessen gekommen. Zunächst arbeitete ich in Koblenz, Bad Hersfeld, dann in Frankfurt am Main, danach machte ich mich selbständig und hatte meine Werkstatt im Wohnhaus. Seit September 2010 betreibe ich das kleine Geschäft hier in der
Carlo-Mierendorff-Straße 12 in Groß-Umstadt. Ich bin Mitglied der Gold- und Silberschmiede -Innung Frankfurt/Main.
Welche Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Karrierechancen ergeben sich mit diesem Beruf?
Nach der Gesellenprüfung sollte man mindestens fünf Jahre in verschiedenen Werkstätten arbeiten und sein Können in dem Beruf vertiefen und Praxiserfahrungen sammeln, bevor man seine Meisterprüfung ablegt. Ich selbst war z. B. von 1972 bis 1981 (neun Jahre lang) auf „Gesellenwanderschaft“. Zur Ausbildung gehörten früher noch das Fassen von Edelsteinen, Ziselieren und Gravieren von Schmuckstücken. Heute kann man diese Techniken allerdings durch eine Zusatzausbildung erlangen. Ist man dann Meister, kann man sich mit einer eigenen Goldschmiede-Werkstatt selbstständig machen.
Was hat Sie dazu bewogen, diesen Beruf zu ergreifen?
Mich hat der Beruf des Goldschmieds schon als Schüler fasziniert und gleichzeitig interessiert. Vor allem auch die Kreativität, die damit einhergeht: Man arbeitet mit verschiedenen Materialien, gibt Metallen und besonders Edelmetallen – wie Gold, Silber und Platin – neue Formen und fasst edle Steine, so, dass sie am Besten zur Geltung kommen.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf / was gefällt Ihnen nicht?
Es gefällt mir, dass ich kreativ arbeiten kann. An meinem Beruf reizt mich die große Bandbreite an Gestaltungsmöglichkeiten, von kleinen Schmuckstücken bis hin zu großen Projekten, wie Amtsketten oder sakrale Werke. Am meisten Spaß macht mir die Anfertigung von Unikaten jeder Art.
Hat sich das Berufsbild während Ihres Arbeitslebens verändert und wenn ja wie?
Das Berufsbild des Goldschmiedes hat sich in den vergangenen Jahren schon sehr verändert. Der Meistertitel ist nicht mehr die Grundlage zur Selbstständigkeit. Das soll nun aber wieder eingeführt werden. Außerdem ist das Arbeitsspektrum mittlerweile größer und es gibt viele technische Hilfsmittel, wie beispielsweise Computerfräsen, Mikroschweißgeräte und 3-D-Drucker zum Fertigen von Schmuckstücken.
Welchen Eindruck haben Sie vom Ansehen Ihres Berufes in der Gesellschaft?
Die Kunden, die zu mir kommen, schätzen meine Arbeit und haben großes Vertrauen und schätzen mein Können.
Wie sieht für Sie ein typischer Arbeitsalltag aus?
Da viele Kunden eine emotionale Bindung zu ihrem Schmuck haben, umfasst ein Großteil meines Arbeitsalltages die Reparatur von altem Schmuck und und manchmal sogar Modeschmuck. Generell ist dabei viel Handarbeit gefragt wie Sägen, Löten, Reinigen oder auch Polieren der einzelnen Schmuckstücke. Soll ein komplett neuer Gegenstand entstehen, dann fertige ich Zeichnungen an, richte anschließend das Metall dafür und bringe die Skizze auf das Metall. Viele Arbeitsprozesse laufen an einem Arbeitstag parallel. Zu den typischen Tätigkeiten eines Goldschmiedes zählt neben dem Weiten und Verkleinern von Ringen auch das Löten von Kettchen. Viele meiner Kunden, die aus einem Umkreis von 20 Kilometern kommen, kamen anfangs wegen Reparaturen, haben mich und meine Arbeiten besser kennen gelernt und dann auch individuelle Schmuckstücke in Auftrag gegeben. Das Schöne ist: Aus Altgold kann ein völlig neues Schmuckstück entstehen, nichts wird weggeworfen. Altgold und Altsilber werden schon immer wiederverwertet. Sogar die Feilung und kleinste Abfälle werden aufgefangen und in die „Scheideanstalt“ geschickt.
Erzählen Sie uns bitte Anekdoten / ein besonderes Erlebnis aus Ihrem Berufsleben!
Ein Höhepunkt meiner beruflichen Tätigkeit war für mich 2004 die Anfertigung eines Evangeliars, bestehend aus 900 Einzelteilen. Das Buch mit der „Frohen Botschaft“ sollte reich verziert werden – auf der Vorderseite galt es in der Mitte eine Elfenbein-Ikone, umrahmt von zwölf Amethysten einzuarbeiten, darüber hinaus die ausgesägten und ziselierten Figuren der vier Evangelisten. Auf der Rückseite wurde ein Kreuz aus Rosenholz eingearbeitet und ebenfalls mit Edelsteinen verziert. Der Umschlag des Evangeliars ist aus Silberblech gearbeitet, wobei der Buchrücken beweglich ist, so dass das Buch komplett aufgeklappt werden kann. Seit einigen Jahren fertige und sponsere ich für die Groß-Umstädter Weinhoheiten ein Erinnerungsstück an ihre Amtszeit. Original Umstädter Weinlaub ist die Vorlage für diese besonderen Kettenanhänger oder Ohrgehänge in Silber.
Darüber hinaus habe ich mittlerweile insgesamt sechs Amtsketten für verschiedene Bürgermeister in der Region sowie aus Bayern und Baden-Württemberg gefertigt und habe mich dafür intensiv mit Heraldik beschäftigt, die originalgetreu umgesetzt werden muss. Hierbei gilt es für die verschiedenen Wappenfarben Striche, Punkte oder ähnliche geometrische Formen zu verwenden. Zu guter Letzt bin ich stolz darauf den kleinsten Hammer der Welt angefertigt zu haben. Er ist insgesamt 0,85 Millimeter groß (0,55 Millimeter Hammerkopf und 0,25 x 0,25 Millimeter Hammerbahn) und wird im Hammer- Museum von Oskar Mahler in Frankfurt am Main ausgestellt. Kürzlich war er im HR-Fernsehen zu sehen. (me)